Beatmungsgerät in der Bahn

Was ist das? Ist es ein Radio? Aber wozu dann die Gasmasken?

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Wenn ich nicht mehr weiß wohin, und nicht nachhause kann, setze ich mich normalerweise in die Bahn und lass mich durch die Stadt chauffieren. Heute konnte ich noch nicht klar denken. Und es war zu früh um nach hause zu gehen.
Also ab in die S-bahn.
Los gehts.
Ich setz mich in irgendeine Ecke, lasse alles vorbeiziehen.
Nur, heute war etwas anders. Es waren nicht nur Menschen hier, nicht nur fleckige Polster und leergesoffene Bierflaschen. Neben mir, auf der anderen Seite des Ganges.
Stand eine Tasche. Schwarz. Reißverschluss. Unauffällig. Wichtig. Anziehend.

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Zwischenzeit

Zwischenzeit
Zwischen Zeitpunkten
sitz ich allein am Rand des periphäen Bewusstseins
Ich sitze hier und warte
darauf dass die Zeit vergeht.

Ich warte auf die Bahn.
Ich warte auf den Wind.
Ich warte auf den Spaß.
Ich warte auf den nächsten
Zeitpunkt.

Und in der Zwischenzeit?
In der Zwischenzeit sehe ich die Welt am Rand des Seins
vorbeiziehen.
In der Zeit zwischen der Zeit, was tu ich?
Zwischen den Punkten geh ich punkten.
Ich mach mir Freunde
und Welten in meinem Kopf. sortiere, archiviere, verwüste sie wieder.
Ich schrei in die Welt, dass mir langweilig ist.
Frag jeden, den ich kenne, wo er grad ist.
Ich käpfe verbittert darum, mehr Zeitpunkte zu aquirieren
und die wertlose Zeit in der nichts passiert zu minimieren!
Zwischenzeitlich versinke ich in Geschichten, die nicht meiner eigenen Endsprechen, die mir gefallen und vom Licht ins dunkel bringen berichten.
Ich warte auf den passenden Augenblick, auf das richtige Jetzt, auf den Augen-Blick.

Doch er kommt nicht.
sicher, ich hab nen Knick in der Optik, denn jetzt müsste es doch mal so langsam losgehen mit dem Spass. Und all den auf deiner Timeline aufgereihten Zeitpunkten.
Doch all die Versprechen sind im Eifer des Zeitgefächts vergessen und ich bemerke nicht, wie mir seitlich der Sinn wegrutscht, und er für immer verloren geht.

Was mache ich in der Zwischenzeit?
Ich muss sie nutzen.
muss sie ausfüllen
ich muss leben
weil meine Zeit knapp wird!
und weil ich Angst habe unterzugehen.

Jetzt ist der Ball ins Rollen gekommen und ich bleibe erstmal nicht mehr stehen.

Meine Zeitpunkte verkrümmen sich, doch die langersehnte Erlösung aus der Langeweile der Zwischenzeit kommt einfach nicht. Letztendlich ist sie vorbeigegangen. Die Zwischenzeit. Der Zeitpunkt hat punktuell mein Hirn angeregt, mich wach gemacht und nun ist er vorrüber. Meine Denkmaschine schaltet wieder in den Schlummermodus.

 

Eine Neue Zwischenzeit, steht zur Belustigung bereit. Sie hat sich neu eingenistet. Ist sie es wert vertrieben zu werden? Für kurze Augenblicke der parziellen Heldenhaftigkeit? Für kurzbemessene Zeitabschnitte voller einsamer Zweisamkeit.

Allein zwischen den Zwischenzeiten liegen zwei Zeitpunkte. Ineinander verschlungen und am Ende verschlungen vom Zwischenzeitmonster. Daraus entsteht ein knallendes Blitzgewitter, das man auch Leben nennt.

 

Die Tauben von Berlin

warten.früh.morgens
warten.mitte.nachmittags

hab keine Whatsappgruppen zu checken
.keine mails zu lesen.
keine Fingernägel abzukauen
.keine Schuhe zu bestarren.
Ich hab keinen Fehrnseher zu beglotzen
Ich hab keine Werbetafeln anzurotzen
.ich hab keine Menschen anzuschmachten.

Ick hab quasie nix zu tun.

Und desshalb schalte ich das beste Programm ein, dass im Bahnhofs-TV läuft.
Tauben –
tag und nacht.
Flatternd-flüchtig,
neugierig-hüpfend
schreckerfüllt-zurückzuckend
So nehmen sie die Aufgabe der Vertreibung der Langeweile aus den Gedanken der unkreativen, unsozialen Bevölkerungsschicht auf sich.

Und weil ich diese, eine, beste Unterhaltung schon seit Jahren genieße, hatte ich kein Problem damit, als sich ein Pärchen dieser beflügelten Dreckmacher auf meinem Balkon eingenistet hat.
Ja, sie stehen früh auf und sind den lieben langen Tag am kreischen und flattern, um ihren Nachkommen ein nettes Zuhause zu bereiten. Aber sie fliehen doch auch nur vor Stacheldraht auf Sitzstangen und Stahldachstreben.
Also warum ihnen nicht eine Brutstelle geben?

Auf die Zukünftigen Berliner Stadtvögel, die Dreck und Lachen und alte Taubenvergifter glücklich machen.

AG-Stadttauben-Steele
Foto: Tauben aus Essen. Von „derwesten.de“